Wo is denn im Schnee noch a Wegle zu dir

Mein Lieblingsweihnachtslied aus Kärnten fällt mir ein, wenn ich aus meinem Fenster in die tiefverschneite Winterlandschaft schaue und am Ende eines weiteren, besonderen Jahres Bilanz ziehe und Orientierung suche.

Jedes Jahr sollte ein Besonderes gewesen sein, in den letzten Jahren aber haben sich die Herausforderungen im Außen massiv verändert. Die Spaltung in Gesellschaft, aber auch in der Kirche und vielfach auch in Familien nimmt man wahr, ernst wird sie aber erst, wenn sie in die eigenen Reihen kommt. Wenn plötzlich Menschen, mit denen man im Ehrenamt oder privat gut harmoniert hat, plötzlich durch ihre Einstellung zu polarisierenden Themen, scheinbar auf die andere Seite wechseln.

Anfangs versucht man noch, zu überzeugen, ist man sich seiner Position doch ganz sicher. Bald aber merkt man, dass die Gräben tiefer werden, statt dass wir sie auffüllen könnten

Rechthaben ist out

Dazu der Historiker und Journalist Philipp Blom: „Menschen ändern ihre Meinung über die Welt nicht durch kluge Argumente. Es ist eine hoffnungslose Überschätzung der Vernunft, das zu glauben. Menschen ändern ihre Meinung über Erfahrungen. Wenn sie diese Erfahrung gemacht haben, sind sie vielleicht offen für Argumente. Wir machen gerade Erfahrungen.“

Nun braucht es eine andere Strategie, was nicht leicht fällt, sind wir doch überzeugt, es einfach besser zu wissen, recht zu haben, und sind fassungslos, wie sehr sich das Gegenüber wohl offensichtlich verrannt hat. Manchmal wird das auch der Fall sein, aber je mehr jeder Mensch in seine Meinung investiert hat, umso mehr hält er daran fest, und kann gegebenenfalls den Irrtum schwer, bis gar nicht, zugeben oder korrigieren. Da droht für denjenigen fast die eigene Glaubwürdigkeit flöten zu gehen.

Was nun? Gehen oder bleiben? 

Manche Beziehungen werden in die Brüche gehen, was schmerzhaft sein kann, manchmal aber auch befreiend. Menschen, die uns permanent in düstere Stimmungen hineinziehen, tun uns auf lange Sicht nicht gut. Grad in solchen Zeiten sind realistische Optimist*innen gefragt.

Als Gesellschaft

sind wir angehalten,

Brücken zu bauen.

– Sissy Sonnleitner

Wie geht Brückenbauen?

Als Gesellschaft sind wir angehalten, Brücken zu bauen, aber wo ist es, „das Wegle im Schnee“?

Der einfachste und zugleich schwierigste Weg ist, jedem Gegenüber frei von Urteilen und Bewertungen zu begegnen, denn unsere Bewertung bezieht sich immer auf eine winzige Facette dessen, was wir zu sehen, oder zu wissen glauben. Der oder die ist so, tut immer das, schaut so komisch usw.

Begegnen wir einem Menschen mit Vorurteilen dieser Art, stecken wir ihn und uns selbst in ein Gefängnis und die Beziehung stockt und kommt nicht weiter. Wir sitzen beide fest und das war mir lange nicht bewusst, dass das Stecken in Schubladen nicht nur mein Gegenüber blockiert, sondern auch mich. 

Wenn aber einer anfängt und den Adventhymnus ausprobiert:“Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“, und seinem Gegenüber vorurteilsfrei und bewertungsfrei begegnet, erfährt der Mensch, dass er gesehen wird, dass er für die kurze Zeit der Begegnung bedeutsam ist. Und das ist das tiefste Grundbedürfnis des Menschen, bedeutsam zu sein, ohne etwas leisten zu müssen, einfach dadurch, dass man ist. 

Das kann ich in der Familie wunderbar trainieren, wenn ich erkenne, dass niemand meine Erwartungen erfüllen muss, dass ich nicht alles verstehen muss, dass meine Bewertungen allen nur schaden und dass ich trotz langer Lebenserfahrung nicht immer recht habe, mit meiner Einschätzung. Und dass ich eine viel bessere Zuhörerin bin, wenn ich nicht schon vor vornherein eine fixe Vorstellung habe.

Drum richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet. Mt.7,1.

Das antrainierte Schubladendenken

Auf einen weiblicher Aspekt des Schubladendenkens hat mich Sandra Konrad in ihrem Buch:“das beherrschte Geschlecht – warum sie will, was er will“, aufmerksam gemacht.

„In einer Gesellschaft, in der Männer das Sagen haben, übernehmen Frauen den männlichen Blick, in dem Frauen Objekte männlicher sexueller Begierde sind. Viele, vor allem junge Frauen machen ihren Wert, ihr Aussehen, ihre Außenwirkung davon abhängig, wie Männer sie sehen und konkurrieren auf Grundlage dieser Norm. Der männliche Blick ist wichtiger, als der weibliche Wille. 

Frauen sind es, historisch gewachsen, gewohnt, von Männern auf Grund ihres Aussehens bewertet zu werden, deshalb vergleichen sie sich untereinander und heben die Unangepasstheit ihrer Konkurrenz hervor (Stutenbissigkeit). Weibliche Schönheit war und ist in manchen Beziehungen auch heute noch eine der wenigen Möglichkeiten, dass eine Frau sich mächtig fühlen kann.“

Das ist doch ein gängiges Modell, das von social media Kanälen noch ordentlich befeuert wird und bedauerlicherweise viele junge Frauen schwächt, bzw. ihren Selbstwert ruiniert, oder gar nicht erst aufkommen lässt. 

Die Grundlage einer Brückenbauerin, eines Brückenbauers ist ein gutes Selbstbild, eine gute Selbstführung und klare Werte, für die ich in kontroversen Diskussionen auch einstehen darf. Dazu muss ich niemanden angreifen

Gerald Hüther – der geniale Neurobiologe, zeigt, wie’s geht

„Menschen müssen die Erfahrung machen, dass sie keine Objekte sind. Überall werde ich in meinen Fähigkeiten, meinen Bedürfnissen, meinen Sehnsüchten, auch in meinen Ängsten gesehen und ernstgenommen. 

Und der Andere ist einer, der mir nicht sagt, was ich zu tun habe, der mich einlädt, mir zuhört, der mich ermutigt, mich vielleicht sogar inspiriert. Mich für den Zauber der Begegnung sogar öffnet. 

Von heute auf morgen können wir im Gegenüber eine hochbegabte Person sehen, in der wunderbare Talente verborgen sind, die über großartige Fähigkeiten verfügt, die dadurch, dass sie da ist, schon wichtig genug ist. Wir könnten dadurch dieser Person schon helfen, die Vorstellung, die sie bisher durchs Leben getragen hat, abzustreifen, nämlich, dass sie sich ständig anstrengen muss, damit sie von uns gesehen wird.

Dann hätten wir eine Welt, in der es keine Klugscheißer, Besserwisser und Alleskönner mehr gäbe, wir bräuchten keine Experten mehr. Dann würde Austausch stattfinden, dann würden endlich Prozesse in Gang kommen, von der Nelson Mandela gesagt hat: es ist nicht die Dunkelheit, vor der wir Angst haben, es ist das Licht,  weil es so hell ist, dass wir es uns gar nicht vorstellen können. 

Was dann passieren würde, wenn Menschen nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander an dem bauen, worum es in unserer heutigen Zeit geht: Es geht nicht mehr nur um ein Wirtschaftssystem, es geht um die Zukunft unserer Erde, unserer Kinder und des Lebens auf diesem Planeten.“

 

Im Zauber wertschätzende Begegnung eröffnen sich neue Möglichkeitsräume und täglich passiert im Kleinen, wie im Großen das Wunder, das uns die Heilige Nacht verheißt: die Menschwerdung. 

Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich mitten unter ihnen. Mt.18,20 . 

https://www.youtube.com/watch?v=m3q3SG3sARQ

Mein Plateau

Fürs Erste habe ich mit meinem Blog ein Plateau erreicht, an dem ich erst einmal verweilen möchte. Ich freue mich über jede Frau, die einen Impuls gefunden hat und bin tief berührt, wenn ich lese oder höre, dass auch Männer mitgelesen haben, mitgegangen sind. Es sind jene großartigen Männer, die wissen, dass die weibliche Kraft in der Welt und in allen Menschen zum Wohl der Menschheit gefördert werden muss. 

Nun wünsche ich eine gesegnete Weihnacht mit Freude, Freunden und Liebe und fürs Neue Jahr die rechte Kraft und Offenheit fürs Leben.

Herzlichst

Sissy

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